Laborinformationen
Diagnostik der Yersinien-Infektion und der Yersinien-induzierten reaktiven Arthritis
Humanpathogene Yersinien
Yersinia pestis
Yersinia pseudotuberculosis
Yersinia enterocolitica, vor allem die Serotypen 03 und 09
Übertragung
Hauptsächlich durch kontaminierte Nahrungsmittel und Getränke, selten durch Bluttransfusion.
Inkubationszeit
Bei der Yersinien-induzierten Gastroenteritis ca. 1 -11 Tage.
Klinische Manifestationen
Yersinia pestis, Erreger der Pest, die mit einer fieвах вах вахberhaften Lymphadenitis im Bereich der Infektion (meist Leistenbeuge) beginnt und mit Antibiotikaвах вах вахTherapie ausheilt. Schwere Krankheitsverläufe mit Sepsis, Pneumonie und Todesfolge sind heute selten geworden.
Y. pseudotuberculosis und Y. enterocolitica können eine Enterocolitis verursachen mit Bauchschmerzen, Diarrhö und mäßig Fieber. Die Symptome einer Gastroenterocolitis dauern meist 5-14 Tage (selten mehrere Monate).
Enteropathogene Yersinien können zu immunpathologischen Komplikationen führen, z.B. in 1-3% der Fälle zu reaktiven Arthritiden. Folgeerkrankungen treten mit einer Latenz von einigen Tagen bis zu mehreren Wochen nach der Akutsymptomatik der Yersiniose auf (1-3 Wochen bei reaktiver Arthritis). Als Folgeerkrankungen werden insbesondere bei HLA-B27-positiven Patienten Infektarthritis, Erythema nodosum und andere Symptome des rheumatischen Formenkreises beobachtet.
Die reaktive Arthritis tritt akut oder subakut auf mit bevorzugtem Befall der Gelenke der unteren Extremitäten (Knie- und Sprunggelenke). Die Dauer der akuten Gelenksymptomatik beträgt ca. 1-4 Monate. Im weiteren Verlauf haben bis zu 50% der Patienten Beschwerden am Bewegungsapparat über eine Zeitdauer von 10 Jahren.
Akute und unkomplizierte Yersiniosen Immunpathologische Komplikationen und chronische Yersiniosen
Enteritis
Pseudoappendizitis
Yersinia-Colitis
Yersinia-Septikämie
Lymphadenopathie Reaktive Arthritis
Erythema nodosum
Ileitis "Pseudo Crohn"
Lymphadenopathie
Glomerulonephritis
Myokarditis
Enteritische Formen
Enteritis
mesenteriale Adenitis
charakteristische Symptome: Bauchschmerzen, leichtes Fieber, leichte Durchfälle, Stuhl nicht blutig
Durchfall selten länger als 2-4 Wochen
häufig bei Kindern und Jugendlichen
Pseudoappendizitis
manifestiert sich bei Jugendlichen als akutes Abdomen
Symptome: Bauchschmerz, Druckempfindlichkeit im rechten unteren Quadranten und Fieber
Yersinia-Colitis
ernste und meist akute Erkrankung, die bei Erwachsenen auftritt
charakteristische Symptome: diffuse Ulzeration, Entzündungen des Ileums und Kolons
Patienten mit Ileitis und Colitis zeigen häufiger extraintestinale Manifestationen (reaktive Arthritis, Erythema nodosum, periphere Lymphadenitis) als Patienten mit milde verlaufenden Yersiniosen.
Extramesenteriale Yersinien-Infektionen
Auftreten mit oder ohne vorhergehender Enteritis bei Patienten mit Y. enterocolitica-Infektion. Am häufigsten bei Erwachsenen.
Septische Form (Yersinia-Septikämie)
Häufig nach schwerer Yersinia-Colitis
altersunabhängig, aber häufiger bei Erwachsenen
Prädisposition: Immundefizienz, hämatologische Erkrankungen, Eisenüberlagerung, Alkoholismus, Unterernährung u.a.
hohe Letalität
Lymphadenopathie
besonders bei jungen Erwachsenen
charakteristische Symptome: generalisierte Lymphadenopathie, hohes Fieber, Splenomegalie und Gewichtsverlust
Immunpathologische Krankheitsbilder
Reaktive Arthritis
beginnt i.d.R. 1-4 Wochen nach dem Beginn der intestinalen Symptome (oft aber ohne Angabe vorangegangener Darmsymptomatik)
am häufigsten sind die Gelenke der unteren Extremitäten betroffen; 25% mono-, 50% oligo- und 25% polyartikuläre Erkrankung
heilt i.d.R. in 3-12 Monaten aus, kann sich aber auch chronisch oder auch rezidivierend entwickeln
bei 60-80% HLA-B27 nachweisbar
in d.R. Persistenz von Yersinia-spezifischen IgAвах вах вах Ak
assoziiert mit der Persistenz von pathogenen Yersinien im darmassoziierten lymphatischen Gewebe
Erythema nodosum
häufiger bei erwachsenen Frauen
nicht selten mit einer reaktiven Arthritis assoziiert
Hauterscheinungen treten 4-6 Wochen nach Infektion auf
besonders betroffen sind die unteren Extremitäten
Myokarditis
umschriebene oder diffuse, entzündliche Erkrankung des Herzmuskels
häufig als Begleiterkrankung z.B. einer Sepsis -, akuter und chronischer Verlauf möglich
Glomerulonephritis
verschiedenartige, primär nicht infektiv-bakterielle Nierenerkrankungen mit Entzündungsvorgängen in den Nierenkörperchen und sekundär in anderen Teilen der Nephronen
klinische Einteilung: akut diffus, perakut, chronisch
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Diagnostik
1. Keimnachweis
Die Diagnose der akuten Erkrankung stützt sich primär auf den Erregernachweis im Stuhl. Der Keimnachweis im Stuhl kann über eine Zeitdauer von 2 bis 12 Wochen möglich sein (Nativstuhl oder Stuhlabstrich im Amies-Transportmedium).
2. Serologie
Die Serologie ist zur ergänzenden Diagnostik der akuten Infektion geeignet, für die Aufklärung von Folgeerkrankungen essentiell. Besondere Bedeutung kommt der Bestimmung spezifischer IgA-Ak zu: Sie persistieren bei reaktiver Arthritis meist länger als bei unkomplizierten Verläufen.
ELISA zur Bestimmung der spezifischen IgG-, IgA- und IgM-Ak!
Die herkömmlichen serologischen Nachweismethoвах вах вахden, wie die Widal-Reaktion und die Komplementbindungsreaktion besitzen nur eine geringe diagnoвах вах вахstische Sensitivität und Spezifität. Daher wird heute der Enzymimmunoassay (ELISA) zum Nachweis von IgG-, IgA-,und IgM-Ak gegen spezifische Yersinienвах вах вахAntigene bevorzugt. Als hochspezifische Yersinienвах вах вахAntigene gelten die plasmidkodierten Polypeptide, die in das Medium abgegeben werden (released proteins, RP; oder Yersinia outer membran proteins, YOPs, genannt).
Antikörperverläufe bei der Yersinien-Infektion:
Immunglobulin-Klasse Ak-Persistenz bei akuter Infektion
ohne Spätfolgen Ak-Persistenz bei Infektion
mit Spätfolgen
IgM 1-3 Monate selten
IgA 2-4 Monate Monate bis zu 2 Jahren
IgG 5 Monate bis Jahre Jahre
Serologie der akuten Yersinien-Infektion
Bei der akuten Yersinien-Infektion (Enteritis) sind IgM-, IgA- und meist auch schon IgG-Ak nachweisbar. Im Verlauf der Infektion verschwinden IgM- und IgA-Ak innerhalb von 3-6 Monaten, während IgGвах вах вахAk bis zu Jahren, evtl. lebenslang persistieren. IgGвах вах вахAk persistieren bei 80% der Patienten nach Yersinien-Infektion.
Im Gegensatz zu Arthritis-Patienten werden bei Enteritis-Fällen signifikant häufiger isolierte lgA-Ak beobachtet (J. Cremer et al. 1995). IgA-Ak können früh bei enteritischen Infektionen auftreten, manchmal vor IgM oder IgG. Wenn IgA-Ak negativ werden, sind auch keine Yersinien mehr in Darmbiopsien nachвах вах вахzuweisen (J.A.A. Hoogkamp-Korstanje et al. 1992).
Serologie der chronischen Yersinien-Infektion und der Yersinien-induzierten reaktiven Arthritis
Bei der reaktiven Arthritis findet man neben IgG-Ak vor allem die Persistenz der IgA-Ak über Jahre, während IgM-Ak nur selten nachweisbar sind.
Therapie der akuten Yersinien-Infektion
Bei positivem Erregernachweis: Antibiotika-Therapie, vor allem bei älteren Patienten und bei extramesenterialer Yersinienвах вах вахInfektion, z.B. Therapie mit Cotrimoxazol, Doxycycline oder Chinolone. Bei Erregerpersistenz längere Antibiotika-Therapie.
Therapie der Yersinien-induzierten reaktiven Arthritis
Bei akuter Arthritis:
physikalische Maßnahmen
nicht-steroidale Antiphlogistika
Bei persistierender oder chronischer Arthritis (4 Wochen bzw. > 3 Monate):
Antiphlogistika oder Antirheumatika
in Einzelfällen mit schwerem Verlauf: Steroide und ggf. Immunsuppressivum
ggf. Synovektomie
Der Stellenwert einer antibiotischen Langzeittherapie wird z.Zt. noch kontrovers diskutiert!
Literatur
J. Cremer et al., 1995, Plasmidkodierte sekretorische Proteine von Yersinia enterocolitica als Antigene in einem IgG- und IgA-spezifischen immundiagnostischen ELISA, Klin Lab 1-2, 41: 55-59.
J.A.A. Hoogkamp-Korstanje et al., 1992, Influence of Antibiotics on IgA and IgG Response and Persiвах вах вахstence of Yersinia enterocolitica in Patients with Yersinia-Associated Spondylarthropathy, Infection 20: 53-57
J. Braun et al., Grundlagen der Therapie der reaktiven Arthritis, Wien Klin Wochenschr 1994; 106/9: 259-264.
M. Hammer et al., Yersinien-induzierte Arthritiden: Neue Erkenntnisse in Pathogenese, Diagnostik und Therapie, WMM 1990; 12: 306-311.